Wohnbaurückgang stärker als erwartet
Fertigstellungen brechen bis 2025 um 53 Prozent ein
von Stefan Posch
Die Angebotslücke am heimischen Wohnungsmarkt wird immer prekärer. In Wien etwa wird das Angebot an Neubauwohnungen nun noch stärker Zurückgehen als erwartet. Laut EHL Immobilien werden die Wohnungsfertigstellungen in der Bundeshauptstadt von 2023 bis 2025 zumindest um 53 Prozent auf 7.500 Einheiten zurückgehen.
"Wir erfahren aber praktisch wöchentlich von weiteren Projekten, die vorläufig gestoppt werden, und daher rechne ich damit, dass sogar diese bereits sehr niedrige Fertigstellungszahl unterschritten wird", erklärt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen, im Rahmen eines Pressegesprächs zur aktuellen Marktsituation. "Gründe dafür sind primär die hohen Baupreise und die deutlich gestiegenen Finanzierungskosten. Aber auch die Diskussionen über weitere Beschränkungen der Mieten bzw. der Indexierung sind große Unsicherheitsfaktoren, die Investoren zu Zurückhaltung veranlassen. Hier droht eine Angebotslücke, die Wohnen in weiterer Folge in einem wirklich problematischen Ausmaß teurer machen könnte." Auch Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting, ortet aktuell wenig Bereitschaft, neue Projekte zu starten bzw. zu erwerben. "Großinvestoren wie Immobilienfonds, Pensionskassen und Versicherungen, die in den vergangenen Jahren auf Käuferseite dominiert haben, gehen aktuell kaum neue Engagements ein und ziehen tendenziell sogar eher Mittel aus dem Immobiliensegment ab" Diese Entwicklung werde zumindest so lange anhalten, bis die EZB die Zinsanhebungen abgeschlossen hat. "Erst dann wird sich die Marktstimmung ändern und Institutionelle werden wieder in größerem Maß Neuinvestments prüfen", so Pöltl.
Für Schunker steht außer Zweifel, dass die aktuelle Situation politische Maßnahmen erfordert: "Aber wir brauchen Maßnahmen, die zu mehr Wohnraumschaffung führen und diese nicht noch weiter bremsen. Hier kann und muss man an vielen Schrauben drehen: Umwidmungs- und Bauverfahren dürfen nicht mehr viele Jahre dauern, sondern müssen beschleunigt werden, die Nutzung von Baulücken sowie der Ausbau und die Aufstockung von Bestandsobjekten müssen erleichtert werden, neues Bauland muss in vernünftigen Maß zur Verfügung stehen und für die vorgeschriebenen und meist sehr kostenintensiven Nachhaltigkeitsmaßnahmen muss es entsprechende Förderungen geben." Darüber hinaus wäre es wichtig, mit steuerlichen Anreizen die Wohnraumschaffung wieder in Schwung zu bringen. Die derzeit immer wieder in die politische Debatte eingebrachten Mietbeschränkungen hätten hingegen den gegenteiligen Effekt und könnten, als Folge eines weiter zurückgehenden Wohnungsneubaus, mittel- und langfristig Mieten und Wohnungspreise sogar dramatisch nach oben treiben, so Schunker.