Neuer Schwung für Retail-Immobilien
Onlinehändler mieten Flächen an
von Stefan Posch
Die Vermietungsaktivitäten auf dem Markt für Einzelhandelsimmobilien haben ihre Schwächephase überwunden und mittlerweile ein überdurchschnittlich hohes Niveau erreicht. Das zeigt der Geschäftsflächenbericht 2021/22 von EHL Immobilien.
Die Nachfrage nach pandemiebedingt freigewordenen Flächen an guten Standorten ist laut dem Bericht ausgesprochen stark und in überdurchschnittlichen Lagen komme es daher auch bereits wieder zu deutlichen Rückgängen bei den Leerstandsraten. Dadurch wird auch der Strukturwandel in den österreichischen Einkaufsstraßen und Einkaufszentren beschleunigt. "Handel ist bekanntlich immer Wandel, aber so rasch wie zurzeit gerade sind Veränderungen noch selten erfolgt", erklärt Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei der EHL Gewerbeimmobilien. "Corona hat Chancen für neue Konzepte eröffnet, die sonst vielleicht noch jahrelang nach erstklassigen Standorten hätten suchen müssen. Die rasche wirtschaftliche Erholung und der damit verbundene Optimismus haben dafür gesorgt, dass diese Chancen nun auch tatsächlich genutzt werden." Während traditionell wichtige Branchen wie insbesondere Textil oder Schuhe ihre Filialnetze weiterhin eher ausdünnen und auch die durchschnittliche Fläche pro Filiale sinkt, legen neue Segmente deutlich zu. Besonders auffällig ist der Flächenbedarf aus dem Onlinesektor: Online- Supermärkte wie Jokr oder Mjam benötigen konsumentennahe Auslieferungsstandorte, um rasche Zustellungen sicherzustellen. Erfolgreiche Onlinehändler mieten Flächen an prestigeträchtigen Top- Standorten an, wobei diese Flagshipstores primär der Schärfung des Markenprofils und der Präsentation von Produkten dienen, der eigentliche Verkauf findet weiter im Netz statt.
Ebenfalls sehr aktiv ist aktuell die Gastronomie. Die Nachfrage konzentriert sich dabei auf die etablierten Ausgeh- und Freizeitbereiche wie etwa in Wien innerhalb des Gürtels, wobei vereinzelt auch absolute Spitzenstandorte angemietet werden. Zunehmend werden aber auch Standorte in Stadterweiterungsgebieten mit stark wachsender Einwohnerzahl gesucht.
Bemerkenswert ist zudem, in welch hohem Ausmaß Newcomer an den Start gehen: "Es herrscht echte Aufbruchsstimmung", sagt Schwaiger. Es gebe zahlreiche Markteintritte innovativer internationaler Konzepte wie etwa Huawei, Maisons du Monde oder Teufel.
Wenig Bewegung gibt es hingegen auf der Angebotsseite: Auch 2021 wurden nur in sehr geringem Maß neue Einzelhandelsflächen fertiggestellt, hauptsächlich im Rahmen gemischtgenutzter Objekte, etwa in EG-Zonen von Wohnanlagen. Gleichzeitig werden kontinuierlich schlecht performende Flächen aus dem Markt genommen, sodass die gesamte österreichische Einzelhandelsfläche heuer voraussichtlich um rund ein bis 1,5 Prozent zurückgehen wird.