Noch nie wurden so viele Flächen neu vermietet wie 2020
Wiener Logistikmarkt im Rekordtaumel
von Charles Steiner
Gerade das Jahr 2020 hat gezeigt, wie wichtig Logistikimmobilien sind. Das Online-Bestellaufkommen ist erheblich gestiegen, mitunter deswegen, weil nicht systemrelevante Einzelhändler geschlossen hatten. Jene, die systemrelevant sind, wie der Lebensmitteleinzelhandel, musste ebenfalls erweitern. Das hatte im Vorjahr einen Rekord gebracht, geht aus den heute veröffentlichten Zahlen des Vienna Research Forum hervor. Dieser spricht im zweiten Halbjahr von einem Gesamtflächenumsatz von rund 200.000 m² nach VRF-Definition. Dabei wurden ausschließlich Flächen berücksichtigt, die dem VRF-Standard entsprechen, wie Hallenhöhe, Rangierfläche und Anbindung an die Autobahn. Der größte Flächenumsatz fand laut VRF-LI mit 110.000 m² im Submarkt Wien Umland Ost statt. Dieser entspricht rund 57 Prozent des Flächenumsatzes auf dem Logistik- und Industriemarkt im zweiten Halbjahr 2020.
Der Immo-Dienstleister CBRE ermittelte für das Gesamtjahr in Summe rund 302.000 m² nach 262.000 m² 2019. Davon beliefen sich 122.000 m² auf Neuvermietungen, der Rest waren eigengenutzte Logistikimmobilien, die im Vorjahr in Betrieb genommen wurden. Franz Kastner, Associate Director Industrial & Logistics bei CBRE geht davon aus, dass heuer ein weiteres Rekordjahr zu erwarten ist, der Bedarf an modernen Logistikflächen ist stark zunehmend. So kommen 2021 auch rund 80.000 m² Klasse A-Entwicklungen auf den Markt, um die Nachfrage abdecken zu können. Auch haben im Vorjahr die Renditen neuerlich nachgegeben und lagen mit Ende des Jahres bei 4,4 Prozent.
Die große Nachfrage führte im Jahr 2020 auch zu einem Anstieg der Spitzenmiete bei Logistikimmobilien auf 5,60 Euro/m²/Monat. Zu den größten Anmietungen zählten beispielsweise jene von Gebrüder Weiss und XXL Sports & Outdoor im von DLH (Deutsche Logistik Holding) entwickelten Industrial Campus Vienna East, der nun voll vermietet ist. Die größte Anmietung erfolgte während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 durch Lidl mit rund 20.000 m² in Spillern. Am Industrial Campus Vienna East entstehen auch die meisten Neubauflächen im kommenden Jahr, ebenso am Sky Log Park in Fischamend.
Zwar ist der Logistikinvestmentmarkt 2020 gegenüber dem Jahr 2019 um 9 Prozent auf ein Volumen von 450 Euro Millionen zurückgegangen, allerdings ist Logistik damit erstmals die drittstärkste Assetklasse in Österreich und hat weniger nachgegeben als andere Nutzungsarten. „Das Logistikvolumen 2020 wäre höher als das des Vorjahres ausgefallen, allerdings haben sich ein paar Transaktionen auf Anfang 2021 verschoben, die eigentlich bereits am Ende des Jahres 2020 hätten unterschrieben werden sollen“, sagt Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE.
Dämpfer bei Mieten, weiter Wachstum im Eigentum im heurigen Jahr:
Makler mit gemischten Gefühlen
von Engelbert Abt
Die Immobilienbranche hat das Pandemiejahr 2020 auch auf der Maklerseite gut bewältigt.
„Makler mit genug Eigentumsobjekten haben ein erfolgreiches Jahr hinter sich,“ resümiert Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring Österreich. Die Banken seien allerdings vorsichtiger geworden, so der Immobilienring.
Der iR Research meldet in Österreichs Landeshauptstädten eine unterschiedliche Entwicklung bei Mietwohnungen. Mehr Angebote in Wien, St. Pölten und Salzburg, steigender Druck auf das Hochpreissegment. In den Uni-Städten fehlen die Studenten und Null-Einkommen bringe AirBnB -Wohnungen in Schwierigkeiten. Aber, so Spiegelfeld: „Eigentum wird oft vom Plan weg gekauft, obwohl die verfügbaren Einkommen gesunken sind. Während Einfamilienhäuser für den Eigenbedarf angeschafft werden, ist ein großer Teil der Eigentumswohnungen als persönliche Anlage oder für späteres Wohnen der eigenen Kinder gedacht.“
Wer ins Grüne ziehen will, möchte gleichzeitig ein modernes, urbanes Umfeld mit erstklassiger Infrastruktur vorfinden.
Ein Immobilienring-Mitglied aus Westösterreich wiederum fürchtet, dass 2021 bereits Stillstand eintreten könnte, weil die Eigenkapitalanforderungen der Banken eine deutlich höhere Eigenkapitalquote verlangen würden.
Bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen erwartet Spiegelfeld für 2021 weiterhin einen moderaten Anstieg, konstatiert aber bereits in einigen Bereichen ein Bewertungsrisiko.
Beim iR Research (Beobachtungszeitraum Mitte August 2020 bis Mitte Jänner 2021) werden mehr leistbare Miet-Wohnungen in Wien und St. Pölten verzeichnet. So hat sich das Angebot in Wien bei Mieten bis 750 Euro (Brutto, ohne Heizung) um rund 40 Prozent erhöht, ebenso in St. Pölten.
Um etwa 10 Prozent mehr Auswahl gibt es in den darüber liegenden Preisbereichen von 750 Euro bis 1.250 Euro. Auf ein verringertes Angebot weisen die Zahlen für Linz und Klagenfurt hin. Diese zeigen im Vergleichszeitraum in den Preisbereichen 500 Euro bis 2.000 Euro einen Rückgang von 25-30 Prozent auf. Unverändert ist das Angebot in Graz (Ausnahme ein Plus bei Wohnungen zwischen 1.500 Euro bis 1.750 Euro) und Innsbruck. Eine deutliche Veränderung zeichnet sich in Salzburg ab.
Das Angebot an Mietwohnungen hat sich im Preisbereich 750 Euro - 1.000Euro, sowie 1.500 Euro - 1.750 Euro verdoppelt. In Bregenz gibt es, so wie schon in den Jahren davor, kaum Mietangebote.