Jeder 4. Österreicher will umziehen
Das könnte eine Million Haushalte betreffen
von Charles Steiner
Zwar sind mehr als 80 Prozent der Österreicher mit ihrer Wohnsituation zufrieden, dennoch würden gerne 25 Prozent von ihnen in den kommenden zwei Jahren umziehen. Dieses - durchaus ambivalente - Ergebnis ist heute Vormittag von Raiffeisen Immobilien vor Journalisten präsentiert worden. Dem vorangegangen ist eine Umfrage durch das Gallup Institut während des Lockdown unter 1.000 Österreichern.
Nikolaus Lallitsch, Geschäftsführer Raiffeisen Immobilien Steiermark, bezeichnete die Ergebnisse als „interessant, wenn nicht hoch brisant“, denn: „Wenn man die 25 Prozent Umzugswilligen auf die österreichische Bevölkerung mit aktuell 8,9 Millionen hochrechnet, wären bei derzeit vier Millionen Haushalten gut eine Million österreichische Haushalte davon betroffen.“ Die Konsequenz daraus ist, dass der aktuelle Bestand der Nachfrage nicht ganz folgen kann - was den Markt besonders in städtischen Lagen anspannt.
Die Motive für jene, die umziehen wollen, würden sich in vier Gruppen aufteilen, so Lallitsch. Genannt seien dabei eine zu geringe Wohnungsgröße, hohe Kosten, berufliche Gründe, Trennungen sowie die Schaffung von Eigentum respektive Hausbau worden. Aktuell werde bei Kaufimmobilien mehr gesucht, als auf den Markt kommt, Immobilien hätten sich in der Krise als „harte und verlässliche Währung“ erwiesen. Jedoch: „Wer nicht muss, verkauft seine Immobilie nicht.“ Peter Weinberger, Geschäftsführer Raiffeisen Immobilien NÖ, Wien & Burgenland, sieht auch im Land eine erhöhte Nachfrage, durch die Coronapandemie würde auch die Peripherie profitieren. Er ortet da bereits leicht steigende Preise. Preissprünge werde es aber nicht geben.
Vorbereitend auf das Bestellerprinzip sind auch die Anforderungen an die Makler erfragt worden. Dieser werde zum größten Teil im Mietsektor - 78 Prozent - zu Rate gezogen, der Rest entfalle auf den Verkauf. Sollte das Bestellerprinzip kommen, müsse man die vom Makler erbrachten Leistungen klarer mit den Wohnungseigentümern kommunizieren, ist sich Weinberger sicher: "Das reicht vom Erstellen der Unterlagen über Onlinevermarktung bis hin zur Handhabe von Besichtigungsterminen." In diesem Zusammenhang plant die Raiffeisen Immobilien ein elektronisches Abgeber-Infosystem, um auch hier den Eigentümern die Leistungen des Maklers sichtbar zu machen.
Was heute alles anders läuft:
Homeoffice verändert Büros
von Gerhard Rodler
Während der Covid-19-Krise mussten viele Unternehmen ihre Angestellten ins Heimbüro schicken. Und merkten: Die Arbeit von Zu Hause funktioniert. Bedeutet das, dass die Nachfrage nach Büroflächen in Zukunft nachlassen wird? Eine der alltäglicheren Folgen des Coronavirus bestand darin, dass Büros plötzlich evakuiert wurden. Der massenhafte Trend hieß: Homeoffice. In den USA arbeiten derzeit schätzungsweise 40 bis 50 Prozent der Menschen hauptsächlich von zu Hause aus. 2019 waren es lediglich 5 Prozent. Da Regierungen die Menschen aufforderten, zu Hause zu bleiben, haben sich die Arbeitsgewohnheiten weltweit verlagert.
Die wichtigste Frage für Immobilieninvestoren lautet nun: Wird dieses erfolgreiche Experiment in Sachen Homeoffice zu einem Paradigmenwechsel bei der Belegung von Büroflächen und somit zu einem strukturellen Rückgang der Nachfrage nach diesen Immobilien führen? Mehr Platz für weniger Menschen Die Vorschriften zur sozialen Distanzierung bedeuten, dass die Unternehmen ihre Büroflächen auch nach einer Lockerung der Lockdown-Regeln kaum verkleinern dürften - ganz im Gegenteil: Es könnte sogar sein, dass pro Person mehr Fläche notwendig sein wird. Ob Unternehmen zusätzliche Flächen anmieten können, ist im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld jedoch zu bezweifeln.
Die meisten Unternehmen stehen vielmehr vor der Frage, wie viele ihrer Mitarbeiter sie auf sichere Weise in ihren bestehenden Büros unterbringen können. Die Antwort variiert je nach Gestaltung des Gebäudes und je nachdem, ob es sich um Großraum- oder Zellenbüros handelt. Raumplaner schätzen jedoch, dass die meisten Büros derzeit wohl für nur 25 bis 40 Prozent der Mitarbeiter ein sicheres Arbeitsumfeld bieten können.
Zusätzlich zur sozialen Distanzierung müssen Unternehmen außerdem die Hygienemaßnahmen erhöhen. Das reicht von der Installation von Spendern für Handdesinfektionsmittel und regelmäßigen Tiefenreinigungen über die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und der Modernisierung der Luftfilter bis hin zu Fiebermessen an Gebäudeeingängen oder mobilen Apps, mit denen sich die Bewegungen von Personen innerhalb des Gebäudes nachverfolgen lassen.
Hinzu kommt die Herausforderung, wie die Mitarbeiter überhaupt ins Büro gelangen. Denn vor allem in Städten wie München, Berlin oder Frankfurt nutzt ein Großer Teil der Angestellten auf dem Weg zur Arbeit den öffentlichen Verkehr - und würde sich in Zeiten der Pandemie auf dem Arbeitsweg einem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen.