Mediation statt Rechtsstreit
Streit um die Miete
von Gerhard Rodler
Langsam, und nach Ansicht von Handelsverband und wohl auch von Einkaufszentren-Vermietern, ungerecht und nicht zu Ende gedacht, verteilt, fährt der stationäre Handel stückchenweise hoch. Aber: „Die Auswirkungen für Betreiber und Eigentümer waren und sind massiv. Die Eigentümer müssen dadurch knapp 160 Millionen Euro Mietzinsausfälle pro Monat plus Betriebskosten verkraften“, so Patrick Homm, Leiter der gewerblichen Immobilienvermarktung bei Otto Immobilien. Auf die jetzt aus dem Boden sprießenden Angebote diverser Klagsvereine, die derzeit gleichzeitig bei Mietern wie Vermietern um (nur auf den ersten Blick kostenfreie) Aufträge buhlen, sollte man eher nicht reagieren, meinen viele. Denn jetzt sei es wichtig, auf Grundlage einer fundierten Rechtsberatung einen transparenten und vor allem fairen Austausch zu führen. Da erscheint eine Klagsführung eher kontraproduktiv und wirklich nur allerletzter Ausweg.
„Wir alle sitzen im gleichen Boot und jeder von uns möchte gemeinsam in eine nachhaltige und erfolgreiche Zukunft blicken. Wir raten daher, auch alternative Streitbeilegungsinstrumente wie die Mediation in Betracht zu ziehen. Wir empfehlen dazu gerne entsprechende Expertinnen und Experten und begleiten auch Mediationsverfahren,“ so Patrick Homm. Ein partnerschaftlich geführtes Gespräch oder eine Mediation sei jedenfalls einem Gerichtsverfahren vorzuziehen.
„Bei Gericht bekommen Sie ein Urteil, mit außergerichtlichen Gesprächen und Mediation haben Sie die Chance auf eine Lösung“. Gerade bei Mietverträgen mit Restlaufzeiten von mehreren Jahren ist ein gänzlicher Ausfall des Mieters oft verheerender als ein vorübergehender Kompromiss, so die Experten von Otto Immobilien. „Für große Eigentümergesellschaften empfiehlt es sich, frühzeitig die Anleger zu informieren und eine Zustimmung für das weitere Vorgehen anzufordern, um einen transparenten Kommunikationsfluss sowie einen gewissen Handlungsspielraum zu schaffen“, rät Stefan Braune, Commercial Real Estate Consultant Retail bei Otto Immobilien.
Außerdem gilt:Gemeinsam schaffen wir das!
Ein 2. Shutdown wäre nicht zu überleben
Tiefe Wunde für Retailer
von Gerhard Rodler
Seit 14.4. ist der Retail Shutdown einer schrittweisen Öffnung gewichen: Lebensmittelgeschäfte, Drogerie-, Bau- und Gartenmärkte sowie Geschäfte mit weniger als 400 m² Verkaufsfläche dürfen unter strengen Gesundheitsauflagen öffnen; Einkaufszentren, die größeren Shops und ergänzende einzelhandelsbegleitende Nutzungen werden mit 2. Mai folgen. Pro Shutdown-Tag verlor alleine der stationäre Einzelhandel in Österreich bis dato durchschnittlich rund 110 Mio. Euro Brutto-Umsatz, der Umsatzverlust von Gastronomen und Dienstleistern ist hier noch nicht berücksichtigt. Den Bestandsgebern von Shopflächen droht ein immenser Einnahmen-Entgang: Pro Monat sind es in Österreich 200 Mio Euro Miet- und Betriebskosteneinnahmen, die mit Shopflächen generiert werden; die Shopping Malls und Retail Parks, um die es in unserem Beitrag geht, generieren davon alleine monatlich 76,5 Millionen Euro.
Aufgrund des Umsatzausfalls und der Liquiditätsengpässe treten Schwächen in der Shopflächen-Landschaft deutlich schneller zu Tage als dies bei normalem Geschäftsgang der Fall gewesen wäre. Auch wenn die E-Commerce-Umsatzzahlen in der Shutdown-Phase nicht berauschend waren, erwartet die Beratungsgesellschaft Standort + Markt Langfristwirkungen zu Lasten des stationären Handels. Die Fluktuationsrate werde von derzeit 13,6 Prozent in den kommenden 2 Jahren auf 15 bis 20 Prozent steigen und die Leerstandsrate von 7,8 Prozent, auf mehr als 10 Prozent. Dazu komme, dass der Angebotsmix neu gestaltet werden müssen, mit noch mehr Entertainment. Das dürfte freilich die gesamt erzielbaren Mieterträge nach unten drücken.
Im Zuge der Mobilitätseinschränkungen durch diverse Verordnungen dürften die Einzugsgebiete insbesondere von beliebten, größeren Shopping-Zielen regelrecht implodiert sein, meint standort + markt. Ehemalige Kunden aus entfernt gelegenen Gebieten bleiben derzeit fern.
Der Shutdown bringt nach Meinung von Standort + Markt gravierende Veränderungen sowohl in der Shop-Landschaft, als auch auf Endverbraucherseite, womit die österreichischen Shoppingcenter (neben den Liquiditätssorgen und den drohenden Einnahmen-Verlusten) gleich zwei „Baustellen“ vorfinden: wer mietet zukünftig meine Flächen und wie gewinne ich meine ehemaligen Kunden wieder zurück? Und noch eines steht fest: ein erneuter Shutdown wäre für viele Marktteilnehmer letal. Außerdem gilt: Gemeinsam schaffen wir das.