Wiener Wohnungsmarkt stabil
Weiter hohe Nachfrage und rückläufige Fertigstellungen
von Stefan Posch
Der Wiener Wohnungsmarkt entwickelte sich im ersten Halbjahr 2022 weiterhin gut, wiewohl sich die geänderten Rahmenbedingungen mit wirtschaftlicher Verunsicherung, stark steigender Inflation, anziehenden Zinsen, Vervielfachung von Energiekosten und Lieferkettenproblemen bereits in Ansätzen bemerkbar machten. Das zeigt das Update zum Wiener Wohnungsmarkt von EHL Immobilien.
Für 2022 war aufgrund der Welle an weit fortgeschrittenen Neubauprojekten ein absoluter Rekordwert bei den Fertigstellungen erwartet worden. Diese Prognosen müssen nun nach unten korrigiert werden. Statt der eigentlich für heuer prognostizierten 19.700 neuen Wohnungen ist nun nur mehr ein Plus von maximal 13 Prozent auf 18.600 Einheiten zu erwarten.
Diese Verzögerungen werden im Jahr 2023 aber nicht zu mehr Fertigstellungen führen, da Projektentwickler bereits begonnen haben, Projektlaufzeiten zu strecken oder beabsichtigen, Baustarts zu verschieben.
Hintergrund sind die hohen Baupreise, die bei manchen Projekten keine gesicherten wirtschaftlichen Perspektiven zulassen. Aus diesem Grund sind auch für 2023 und 2024 rückläufige Fertigstellungszahlen zu erwarten.
Das aktuelle Neuflächenangebot wird sich demnach wieder verknappen und das zeitweise bereits befürchtete Überangebot an Wohnungen erscheint demnach aus heutiger Sicht auf absehbare Zeit ausgeschlossen.
Eine neuerliche Trendwende zeichnet sich beim Verhältnis neuer Mietwohnungen zu neuen Eigentumswohnungen ab. Das aktuelle Ungleichgewicht bei der Angebotsverteilung zwischen Miete und Eigentum wird sich wieder etwas glätten. Institutionelle Anleger, die seit 2020 deutlich verstärkt in den Eigenbestand investierten, sind jetzt nicht mehr so aggressiv auf der Suche nach neuen Objekten. Das künftige Angebot wird sich daher wieder mehr in Richtung Eigentumswohnungen verschieben.
Die Nachfrage nach Wohnungen in Wien ist unverändert stark, das betrifft sowohl Miet- als auch Eigentumswohnungen.
Der Beginn der Ukrainekrise und der damit verbundene Zuzug hat dabei noch für einen kurzfristigen Zusatzschub gesorgt, der den Markt aber bisher weder in größerem Maß noch nachhaltig beeinflusst hat.
Auch das Interesse an Anlegerwohnungen ist nach wie vor hoch. Hier schlagen zwar die steigenden Zinsen zu Buche, andererseits sind die hohen Inflationsraten nach wie vor ein starkes Argument für Immobilieninvestments, da die Realzinsen so stark negativ wie kaum jemals zuvor sind. Vor allem eigenkapitalstarke Investoren kaufen daher auch im aktuellen Marktumfeld regelmäßig zu.
Die Wohnungsmieten waren wegen des gestiegenen Angebots bereits im Vorjahr weitgehend stabil, diese Tendenz setzt sich auch heuer fort. Steigende Wohnkosten sind fast ausschließlich auf die stark gestiegenen Energiepreise zurückzuführen. Energieeffiziente Häuser mit geringeren Kosten für den laufenden Betrieb treffen damit auf äußerst positiven Zuspruch. Davon profitieren vor allem Neubauprojekte, die in aller Regel bessere Kennziffern aufweisen.
Die 2021 besonders starke Preisdynamik bei Eigentumswohnungen hat nachgelassen, auch wenn der Trend weiter nach oben weist. Im Jahresvergleich liegen die Preise je nach Marktsegment um 7,2 bis 8,8 Prozentpunkte höher.