Zeitenwende in der Immobranche?
Alarm am Bundesimmobilientag
von Gerhard Rodler aus Kufstein
Die Herausforderungen sind für die Immobilienbranche in den zurückliegenden beiden Jahren nicht kleiner geworden. Im Gegenteil: Leerstandsabgabe, Inflation, Baustoffmangel, Bestellerprinzip, und, und. und. Bei dem von heute, Donnerstag, Vormittag bis morgen laufenden Bundestag der Immobilienbranche im Tiroler Kufstein wurden viele dieser Herausforderungen angesprochen.
"Wir lassen uns zu viel gefallen als Branche!", sagt Hans Jörg Ulreich, Berufsgruppensprecher der Bauträger. "Die Möglichkeit zur - zumindest was die Bearbeitungszeiten betrifft - Willkür der Beamten bei den Genehmigungsverfahren macht uns vielfach mundtot, weil man sich keine Feinde leisten kann. Warum sieht uns die Politik immer als Sündenbock? Da erspart man sich Strukturwandel. Wir hätten für alles eine Lösung, aber es wird nicht mit uns geredet. In Wien haben wir 60 Prozent sozialer Wohnbau, wenn das nicht reicht, um die 20 Prozent Bedürftigen zu versorgen, dann haben wir kein Wohn- sondern ein Verteilungsproblem. Warum wurde in Deutschland die Gemeinnützigkeit abgeschafft? Weil sie in Korruption versunken ist."
Apropos Bauträger: "Wir müssen endlich wissen, wieviel wir in Österreich bauen, seit Jahrzehnten gibt es das Thema", sagt Gerald Gollenz, stv. Fachverbandsobmann. Jetzt gebe es endlich eine Baudatenbank und da ist auch die Gemeinnützigkeit integriert. Spannend sei, dass private Bauträger österreichweit mehr bauen, als der geförderte Bereich.
Dem stimmt Johannes Wild, Obmann der Fachgruppe in Niederösterreich, voll zu. Dazu komme: "Allein für die Dekarbonisierungsmaßnahmen - etwa Austausch der Brennkessel - wird einiges an Geld erfordern." Vor allem würden neue, alternative Energiemöglichkeiten offener genutzt werden", zieht Wild den Vergleich, dass beispielsweise der Austausch von Erdgas auf Biogas mit zwei Milliarden Euro österreichweit nur einen Bruchteil konventioneller Möglichkeiten kosten würde.
"Das Bestellerprinzip drohte seit 2015, jetzt ist es doch da. Der aktuelle Gesetzesentwurf ist sehr ähnlich dem deutschen. Dort hat sich gezeigt, dass dies zu schwarzen Ablösen führt und den Mietern letztlich teuer zu stehen kommt", sagt Arno Wimmer, Berufsgruppensprecher Immobilienmakler und stv. Fachgruppenobmann in Tirol.
Die Leerstandsabgabe beispielsweise. "Diese wird in Tirol nichts bewirken, schon allein aufgrund der geringen Höhe. Außerdem gibt es so viele sehr schwammige Formulierungen, die enorme Schlupflöcher bieten", sagt Ellen Moll, stv. Branchensprecherin der Hausverwalter. "Wenn, dann muss es so hoch sein, dass es wehtut."
"Wir müssen uns fit machen für die Zukunft mittels Mitarbeiterausbildung, Digitalisierung, weil wir schlicht gar keine Zeit für die automatisierbare Arbeit haben werden. Es gibt schon viele Proptech-Anbieter. Unsere Branche interessiert sich da noch immer zu wenig. Und: Wir müssen als Makler einfach mehr zusammenarbeiten, das ist ein Punkt, den der Private nicht bieten kann. Im Herbst wird es eine weitere "Marktplatz"-Offensive geben", sagt Michael Pisecky, Fachgruppensprecher Wien.
Rücklagen sein sinnvoll und der Rahmen sollte voll ausgeschöpft werden, um das Haus in Schuss zu halten kommentiert Notar Erwin Koller die aktuelle WEG-Novelle, die grundsätzlich begrüßt wird.