Das Comeback der re.comm
Das exklusive Branchenevent startete in Kitzbühel
von Stefan Posch
Nach einem re.comm-freien Jahr 2020 war es gestern endlich wieder soweit. Etwa 200 Top-Manager der heimischen Immobilienwirtschaft pilgerten nach Kitzbühel, um Einblicke und Denkanstöße in den unterschiedlichsten Fachgebieten zu erhalten. Der erste Speaker der re.comm 2021 war WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, der über den ökonomischen Mehrwert der EU referierte. Die EU sei komplex und heterogen aber nützlich, so seine These. Die EU sei zudem stärker, als viele denken würden. Felbermayr plädiert deswegen für ein selbstbewusstes Europa, das seinen wirtschaftlichen Fokus auf den Binnenmarkt legen sollte. Das europäische Budget sei aber zu klein, um große makroökonomische Effekte erwarten zu können. In der Zukunft solle sich Europa bei der Fiskalpolitik an Projekten orientieren, die auch einen Mehrwert haben. Im Zentrum sollte nicht mehr die Menge an Geld stehen, sondern in was man es investiert. Felbermayr empfiehlt Investitionen in Infrastrukturprojekte, gemeinsame Sicherheitspolitik, Forschung und Wissenschaft. Der Vormittag des zweiten Tages stand ganz im Zeichen von Big Data. Die Mathematikerin und Komplexitätsforscherin Hannah Fry erklärte, wie man mithilfe von Daten bessere Entscheidungen treffen und sogar die Zukunft vorhersagen kann. Als Praxisbeispiele nennt sie die Voraussagung von Krebserkrankungen oder die Nutzung von Daten, um Serienmörder zu finden. Auch für eine funktionierende Beziehungen könne man die Mathematik nutzen. Mathematisch gesehen sollte man etwa nie im Streit schlafen gehen.
Andreas Weigend, Experte für Big Data und ehemalige Chefwissenschaftler von Amazon, zeigt sich als Freund von Datentransparenz und untersucht den Wert von Daten. Maßnahmen wie Datenschutzgrundverordnung und Co. sieht Weigend als Schwachsinn an. Man müsse davon ausgehen, dass alles was erfasst werden kann auch erfasst wird. Da könne man nichts dagegen tun. Deswegen brauche es einen Perspektivenwechsel. Man solle nicht einfach sagen, "das wollen wir nicht", sondern viel mehr darüber nachdenken, was mir als Konsument die Datenerfassung nutzt und wie damit das Leben verbessert werden kann. Kritisch sieht Weigend die Datennutzung in China und nennt den chinesischen Chat-Dienst WeChat als Beispiel. Bei WeChat wird jede Nachricht auf Keywords untersucht und dementsprechend zensiert. Neurowissenschaftler Mariano Sigman untersuchte mit seiner Keynote die Rolle des Unterbewusstseins bei der Entscheidungsfindung. Vor der Entscheidung hätten Menschen oft ein Bauchgefühl für die richtige Entscheidung. Das Bauchgefühl sei dabei aber nur eine Metapher. Denn Intention sei kein Zufall, sondern ein Ergebnis von Vorinformationen, wie etwa Erfahrung. Leute haben dann eine gute Intention, wenn sie viele Informationen haben. Gruppenentscheidungen seien zudem oft besser als jene von Experten. Die Konversation mit Menschen die anders denken sei dabei für eine bessere Entscheidung besonders wichtig. Den gestrigen Abend ließen die Teilnehmer der re.comm in dem traditionellen Restaurant „Mocking“ in Tracht ausklingen.