Büro erholt sich, Retail stark unter Druck
Coronavirus lässt Retailflächen schrumpfen
von Charles Steiner
Während sich der Büroimmobilienmarkt langsam von der Coronapandemie wieder erholt, steht der Einzelhandel noch stärker unter Druck. Das geht aus einem Halbjahresupdate von EHL Gewerbeimmobilien hervor, der heute Vormittag online vor Journalisten präsentiert wurde. Demnach sei zwar die Vermietungsleistung im Corona-Quartal im Bürosegment zwar eingebrochen, habe aber nach den Lockerungen wieder angezogen.
Stefan Wernhart, Geschäftsführer von EHL Gewerbeimmobilien sah zwar in der Vermietungsleistung im ersten Halbjahr mit rund 58.000 m³ einen deutlichen Einbruch gegenüber den Vergleichszeiträumen im Vorjahr, diese sei allerdings nicht primär auf die Pandemie zurückzuführen, sondern auf das beschränkte Angebot an großvolumigen Flächen. Nach dem hohen Fertigstellungsvolumen von 280.000 m² 2018 sei die Neuflächenproduktion im vergangenen Jahr mit rund 45.000 m² deutlich gesunken, die Flächen seien bereits zum größten Teil (70 Prozent) absorbiert worden. Dadurch ist auch der Leerstand mit 4 Prozent auf einem niedrigen Niveau. „Im zweiten Quartal war die Nachfrage massiv zurückhaltend, viele Unternehmen haben ihre Gesuche entweder verschoben oder abgesagt. Im Juni konnten mit 30.000 m² wieder hochwertige Abschlüsse erzielt werden“, so Wernhart, der davon ausgeht, dass der Herbst wieder an Dynamik gewinnen wird. Allerdings würden Unternehmen aufgrund von Homeoffice aktuell ihren Flächenbedarf evaluieren, jedoch geht Wernhart nicht davon aus, dass das die zukünftige Büro-Pipeline beeinflussen wird, da sich dadurch auch mehr Gemeinschaftsflächen ergeben. Am stärksten von der Corona-Krise seien Co-Working-Anbieter betroffen, diese würden derzeit an Konzepten arbeiten, um die Hygienestandards auf die aktuelle Pandemie anzupassen.
Wesentlich schwieriger sieht es beim Einzelhandel aus. Mario Schwaiger, Head of Retail bei EHL Gewerbeimmobilien, sieht vor allem den Textil- und Schuhhandel stark unter Druck. Bei Unternehmen, die vorher bereits geschwächelt haben, habe sich Covid-19 als Brandbeschleuniger erwiesen, so Schwaiger in Hinblick auf mehrere Insolvenzen wie Dressmann, Vapiano oder Maredo. In diesem Segment haben sich auch nach den Lockerungen Umsatzeinbrüche ergeben. „Im Juni hatte der Schuh- und Modehandel um zwischen 30 und 40 Prozent eingebüßt“, so Schwaiger, der auch davon ausgeht, dass es auch bei den Spitzenmieten Korrekturen nach unten geben wird, da die Retailer durch den Druck mehr Verhandlungsmacht aufwiesen. Beispiel dafür ist sei Goldene U aus Kärntner Straße, Graben und Kohlmarkt. Mit den stark zurückgegangenen Umsätzen können die zwischen 130 Euro/m² auf der Kärntner Straße und bis zu 400 Euro/m² in Bestlagen am Kohlmarkt liegenden Mieten bei weitem nicht erwirtschaftet werden.
Die düsteren Mittelfristprognosen für den Städtetourismus lassen erwarten, dass dies jedenfalls noch bis Ende des Jahres der Fall sein wird.