Wohnpipeline trotzt Corona-Krise
Heuer wird Rekordvolumen fertiggestellt
von Charles Steiner
Die zu Beginn des Lockdowns geäußerten Befürchtungen, wonach die heurige Wohnungspipeline in Wien mit 19.000 Einheiten nicht erreicht werden könne, haben sich nicht bestätigt. Laut eines EHL Wohnungsmarktupdates für das erste Halbjahr, das heute Vormittag vor Journalisten präsentiert wurde, wird die anfänglich prognostizierte Fertigstellungsrate auch erreicht werden. Allein im ersten Halbjahr sind 9.000 davon bereits fertiggestellt worden. Allerdings: Bedingt durch einen Rückstau an Widmungsansuchen und Baubewilligungen, werde es bereits im kommenden Jahr deutlich weniger zusätzliche Wohnungen geben. In Kombination mit einer stark gestiegenen Anzahl an jungen Menschen in Wien ergebe das weitere moderate Steigerungen bei Kauf- und Mietpreisen - wobei die Zuwachsraten im Kaufsektor höher seien.
Generell habe sich die Coronapandemie auf die Preisentwicklung kaum ausgewirkt, so Sandra Bauernfeind, Geschäftsführende Gesellschafterin von EHL Wohnen. Die Eigentumspreise erwiesen sich, so Karina Schunker, Prokuristin bei EHL Wohnen, als äußerst robust. Im Jahresvergleich ist in guten, zentrumsnahen Lagen ein Anstieg um rund 3,0 bis 3,5 Prozent zu verzeichnen, in durchschnittlichen Lagen und in den Stadtentwicklungsgebieten um 2,0 bis 3,0 Prozent. Die Mietenentwicklung stagniert hingegen und insbesondere im höherpreisigen Segment ab etwa 12,5 Euro/m² erweisen sich die Erwartungen der Investoren in manchen Fällen mittlerweile als nicht marktkonform. Dafür sei laut EHL Wohnen aber nicht Corona verantwortlich, sondern das große Angebot hochwertiger Mietwohnungen, das aus heutiger Sicht das gesamte Jahr 2020 prägen wird.
Ist im Jahresvergleich die Zahl der vermieteten bzw. verkauften Wohnungen während des Lockdown eingebrochen, liegt sie jetzt wieder auf Normalniveau. EHL Wohnen führt daher diesen Rückgang ausschließlich auf Verschiebungen im Gefolge der Coronakrise (fehlende Besichtigungsmöglichkeiten, Ausgangsbeschränkungen, Verzögerungen bei der Bearbeitung von Finanzierungsanfragen, etc.) zurück, die Nachfrage sei aber grundsätzlich hoch geblieben. Damit habe sich der Einbruch des Markts als weniger gravierend wie befürchtet erwiesen. Geradezu symbolisch für die rasche Erholung des Marktes stand die blitzschnelle Etablierung von OnlineBesichtigungen. Binnen weniger Tage wurden diese von zahlreichen Maklerunternehmen angeboten und von den Kunden auch gut angenommen.
Immer mehr Kleinwohnungen im Verkauf
Der Airbnb-Effekt schlägt zu
von Charles Steiner
Die Coronakrise hat vor allem die Plattform Airbnb hart getroffen. Durch die Ankündigung der Plattform während des Lockdowns, kostenlos stornieren zu können, sind viele private Anbieter von solchen Wohnungen unfreiwillig vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Aber nicht nur Und nicht wenige von ihnen scheinen sich von solchen Wohnungen zu trennen. Zumindest geht das aus einer Analyse von ImmoScout24 hervor, die einen rasanten Anstieg an angebotenen kleinen Mietwohnungen bis 60 m² verzeichnet hatte - und auch eine verstärkte Nachfrage. Für ImmoScout24 liegt daher die Vermutung nahe, dass sich auch hier der Airbnb-Effekt bemerkbar macht. Markus Dejmek, Österreich-Chef des Immo-Portals spricht sogar davon, dass sich das Angebot kleiner Mietwohnungen gegenüber Jahresbeginn nahezu verdoppelt hat.
Vor allem in den Bezirken 1 bis 8 war die Anzahl der angebotenen Wohnungen im April doppelt so hoch wie im Jänner 2020. Im 3. Bezirk, Wien Landstraße, waren im April um rund 300 Wohnungen mehr am Markt und im Mai stieg das Angebot sogar um 350 Mietwohnungen im Vergleich zum Jahresstart. In allen anderen Bezirken ist die Verfügbarkeit der Mietwohnungen im Mai wieder etwas rückläufig. Den höchsten Zuwachs an kleinen Wohnungen konnte ImmoScout24 im April in Favoriten mit einem Plus von mehr als 450 Wohnungen feststellen.
Was allerdings mitunter auch auf hygienische Gründe zurückzuführen ist. Einer Umfrage zufolge würde die Hälfte der Österreicher Airbnb nicht mehr nutzen wollen. Der Hauptgrund liegt in einer geänderten Einstellung zu Hygienestandards, wie eine innofact-Umfrage unter 501 Teilnehmern ergibt. Für 14 Prozent sind Hygienestandards wichtiger geworden und immerhin 27 Prozent fühlen nicht mehr so wohl bei dem Gedanken, im Zuhause von fremden Menschen zu übernachten und deren Sanitäranlagen zu benutzen. Eher eine Minderheit von knapp 13 Prozent kann sich durchaus vorstellen, auch noch in diesem Jahr eine Airbnb Wohnung zu mieten.