Mietwohnungen jetzt vor Eigentum
Pipeline zeigt Rückgang im Eigentumsbereich
von Charles Steiner
Über die Jahre war der Wiener Wohnungssektor vor allem von der Errichtung von Eigentumswohnungen geprägt. Dort hat sich jetzt ein Paradigmenwechsel eingestellt: Laut einer aktuellen Studie des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKO in Kooperation mit Exploreal sind heuer Mietwohnungen in der Überzahl. Auch im kommenden Jahr wird vor allem dieser Sektor fertiggestellt werden. „Mit dieser Erhebung ist es erstmalig gelungen, die aktuelle Neubau-Situation in der Bundeshauptstadt detailliert darzustellen“, so Gerald Gollenz, stv. Obmann des Fachverbandes Immobilien - und Vermögenstreuhänder vor Journalisten. Gebaut werde dort, wo es die meisten Flächenreserven gebe - und das sind die Donaustadt, Leopoldstadt, Landstraße, Liesing und Favoriten. Laut Daten von Exploreal seien heuer 5.500 Eigentumswohnungen fertiggestellt worden, dem gegenüber stehen 4.000 geförderte und 2.200 freifinanzierte Mietwohnungen. Im kommenden Jahr kommen 19.100 Wohneinheiten auf den Markt, davon entfallen 10.300 in den Mietsektor, die Anzahl der Eigentumswohnungen sinke auf 5.000 Einheiten. Am meisten nachgefragt seien Wohnungen zwischen 50 und 90 m², wo Exploreal eine Verwertungschance von über 90 Prozent innerhalb eines Jahres errechnet hat.
Obwohl vonseiten der gewerblichen Bauträger massiv gebaut wird und im vergangenen Jahr mittlerweile mehr Wohneinheiten auf den Wiener Markt gekommen waren, als Haushalte gegründet wurden, übt Michael Pisecky, Fachgruppenobmann der Wiener Immobilien- und Vermögenstreuhänder Kritik, vor allem an die Politik. Für ihn ist der oft zitierte Nachholbedarf nur auf dem Papier gedeckt, auch angesichts der Tatsache, dass die gewerblichen Bauträger mit 67 Prozent den größten Anteil des Gesamtmarkts einnehmen: „Offiziell ist der Nachholbedarf gedeckt, aber es gibt immer noch zu wenige Wohnungen - vor allem in den Bereichen, wo die Nachfrage in Wien am größten ist. Denn während im höher- und hochpreisigen Segment genügend Wohnraum vorhanden ist, fehlen Wohnungen im günstigeren Bereich bis ca. 700 Euro Monatsmiete.“ Hier sieht er vor allem die gemeinnützigen Wohnbauträger gefordert.
Hohe Nachfrage und niedrige Neuflächenproduktion
Wiener Büroflächen knapp
von Stefan Posch
Neue Büroflächen könnten in Wien schon bald zur Mangelware werden. Denn 2019 wurden außergewöhnlich wenig Büroflächen produziert und die Nachfrage am Wiener Büromarkt ist weiter konstant hoch. Laut dem soeben erschienenen Büromarktbericht von EHL Immobilien führt diese Kombination dazu, dass sich Mietinteressenten immer frühzeitiger nach neuen Büroflächen umsehen müssen. Demnach seien von den Vermietungen mit mehr als 1.000 m² im heurigen Jahr bereits 40 Prozent auf Vorverwertungen entwfallen, bei denen der Mietbeginn mehr als zwölf Monate nach dem Vertragsabschluss liegt.
„Die hochwertigen Neuflächen in den Office Clustern, die seit 2017 fertiggestellt worden sind, wurden vom Markt weitgehend absorbiert. Vor allem in den boomenden Büroregionen rund um das Quartier Belvedere am Hauptbahnhof oder rund um den Praterstern und die Lassallestraße sind aktuell kaum mehr großflächige Erstbezüge verfügbar, sodass sich die Mietinteressenten auf Objekte konzentrieren, die ab 2020/2021 fertiggestellt werden“, erklärt Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien. Für Einheiten von 1.000 bis 3.000 m² sollte ein Suchauftrag idealerweise zwölf Monate vor dem geplanten Bezugsdatum erteilt werden, bei größeren Einheiten mit mehr als 3.000 m² sind sogar bis zu 18 Monate sinnvoll. „Nur dann kann garantiert werden, dass man auch wirklich ein Büro in genau der Lage, Größe und Qualität, die man sich vorstellt, findet.“ Ab 2022 werden laut dem Bericht sowohl in etablierten als auch in neuen Bürolagen wieder großvolumige Entwicklungen entstehen. Dazu zählen unter anderem das Projekt „Francis Vienna“ (ca. 44.000 m²) beim Franz-Josefs-Bahnhof im neunten Bezirk, der Büroturm „Weitblick“ (ca. 33.000 m²) im Viertel Zwei sowie das multifunktionale Quartier „ViennaTwentytwo“ (ca. 20.000 m²) im 22. Bezirk.