Immobilieninvestoren trotzen Risiko
Büro-Leerstandsquote auf Vorkrisenniveau
von Stefan Posch
Vivienne Bolla, Analyst bei Aviva Investors sieht im europäischen Immobiliensektor aktuell eine starke Nachfrage. Diese sei gepaart mit einem begrenzten Angebot, das etwa zu einem beschleunigten Mietanstieg für Büroflächen in erstklassiger Lage führe. In den ersten drei Monaten des Jahres sank die Leerstandsquote in diesem Segment in den EU-15-Staaten (ohne Großbritannien) auf Vorkrisenniveau, während die Mieten im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 Prozent stiegen.
Die stabilen Konsumausgaben würden auch den europäischen Einzelhandel beflügeln, so Bolla. Die jährlichen Mietwachstumsraten in diesem Segment habe sich jedoch verlangsamt und das Transaktionsvolumen sei im Vergleich zum Vorjahr im 1. Quartal sogar um 9 Prozent zurückgegangen. Die Rendite bei Einzelhandelsobjekten in erstklassiger Lage liegt nun bei einem Rekordtief von 3,3 Prozent.
Die Nachfrage nach Industrieflächen halte weiter an, da die große Renditedifferenz bei Einzelhandels- und Büroflächen Investoren anziehen würde, die auf der Suche nach einer höheren Verzinsung ihrer Anlagen sind. Im 1. Quartal stiegen die Investitionen gegenüber 2017 um 28 Prozent, während die Mieten der Industrieflächen in erstklassiger Lage in den EU-15-Staaten im Vorjahresvergleich um 2 Prozent zunahmen.
Der Rückzug der EZB aus den Anleihemärkten könne zu einem Anstieg der Renditen führen und die relative Attraktivität von Immobilien untergraben, obwohl dies nicht unser Hauptszenario ist, so die Einschätzung von Bolla. Da die EZB bereit sei, an niedrigen Zinssätzen festzuhalten - der Bank zufolge sei eine Zinserhöhung vor Herbst 2019 unwahrscheinlich - dürften die Renditen nur allmählich anziehen. Immobilien dürften 2018 und 2019 entsprechend den Anleihen neu bewertet werden, wobei in den meisten Märkten eine bescheidene Erhöhung von etwa 5 Basispunkten zu erwarten ist.
Eine größere Gefahr stellt laut Bolla die Entwicklungspipeline dar, deren Zunahme in einigen mitteleuropäischen Märkten problematisch geworden sei. Nach einer längeren Flaute infolge der Finanzkrise nimmt die Anzahl der Bauprojekte in einigen mitteleuropäischen Städten wie Budapest, Prag und Warschau rasant zu. Diese Städte könnten Schwierigkeiten haben, Abnehmer für die zusätzlichen Flächen zu finden.
Bolla empfiehlt den Anlegern einen ertragsorientierten Investmentansatz wählen, um die Risiken zu vermindern, die mit dem sich nähernden Ende des Zyklus einhergehen.
Strabag und Porr unter europäischen Top 20
Baubranche im Hoch
von Stefan Posch
Die europäische Baubranche boomt. Die 20 umsatzstärksten Bauunternehmen des Kontinents konnten ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 5 Prozent steigern, der Börsenwert stieg sogar um 21 Prozent. Das zeigt ein aktueller Report des Beratungsunternehmens Deloitte. Das europäische Deloitte Umsatzranking verzeichnet drei klare Sieger. Die französische VINCI liegt wie im Vorjahr mit einem Jahresumsatz von mehr als 40 Milliarden Euro auf Platz 1. Die ACS mit Sitz in Spanien erwirtschaftete rund 35 Milliarden Euro Umsatz und behauptet sich auf Platz 2. Die Bouygues bringt es auf einen Jahresumsatz von fast 33 Milliarden Euro und schafft es damit als weiteres französisches Unternehmen unter die Top 3.
„Die österreichischen Vertreter Strabag und Porr weisen eine beachtliche Performance auf. Beide Unternehmen sind sehr international ausgerichtet, was ihnen im globalen Wettbewerb zu Gute kommt. Für die Strabag ist vor allem Deutschland ein Kernmarkt. 51 Prozent des Umsatzes wurden allein dort erwirtschaftet“, betont Alexander Hohendanner, Partner bei Deloitte Österreich, der auch mit einem weiteren Investitionsschub bis 2019 rechnet. Unter Europas umsatzstärksten Top 20 finden sich gleich zwei heimische Bauunternehmen. Die Strabag landet mit rund 13,5 Milliarden Euro Jahresumsatz auf Platz 6. Die Porr konnte sich um vier Plätze steigern und belegt aktuell Rang 18.
Auf globaler Ebene liegt ein Land klar an der Spitze: Die vier umsatzstärksten Baukonzerne der Welt stammen allesamt aus China. Sie erzielten gemeinsam einen Gesamtumsatz von 378 Milliarden Euro.
In Europa stiegen die Investitionen in Bauprojekte vor allem in Irland, Zypern und Slowenien. Trotz der anhaltenden Brexitverhandlungen steigerte auch Großbritannien seine Bauinvestitionen um rund 7 Prozent. Künftige Steigerungsraten werden immerhin auf 2 Prozent geschätzt.
„Die Prognosen für Bauinvestitionen innerhalb der EU sind vielversprechend. Für 2018 und 2019 rechnen wir mit einer durchschnittlichen Investitionssteigerung von rund 3 Prozent“, so Hohendanner. „Auch für Österreich erwarten wir für die nächsten Jahre ein stabiles Wachstum auf gleichbleibendem Niveau.“