Ein Spruch des Verfassungsgerichtshof mit weitreichenden Folgen für die Immobilienwirtschaft: Der VfGH hat einen Antrag mehrerer Hauseigentümer abgewiesen, die eine Aufhebung von entsprechenden Bestimmungen des Richtwertgesetzes und des Mietrechtsgesetzes begehrt hatten.
Konkret bezieht sich der VfGH auf das Verbot von Lagezuschlägen in Gründerzeitvierteln, das nach Ansicht des Höchstgericht nicht verfassungswidrig ist.
Der VfGH begründet seine Entscheidung (Aktenzahl: G 673/2015-35) mit „öffentlichem Interesse“. In einer entsprechenden Aussendung argumentierten die Verfassungshüter, dass ein Verbot des Lagezuschlags dem sozialpolitischen Ziel diene, „Wohnen in zentrumsnaher städtischer Lage zu Preisen zu ermöglichen, die es auch Personen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen erlauben, ihren Wohnbedarf in dieser Lage angemessen zu decken.“ Ein Lagezuschlag sei lediglich zulässig, wenn ein ursprüngliches Gründerzeitviertel durch bauliche Veränderungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zu einer Wohnumgebung geworden ist, die nicht mehr als Gründerzeitviertel anzusehen ist, so der VfGH weiter.
Neben dem aktuellen Mietrechtsgesetz (§17, Abs. 7) vermindere sich der höchstzulässige Hauptmietzins bei einem befristeten Mietvertrag um 25 Prozent - unabhängig von der Dauer der Befristung.
Für den Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) hat der VfGH die Gelegenheit nicht genutzt, das „verkrustete System des österreichischen Mietrechts“ zumindest in Teilbereichen aufzubrechen. ÖVI-Präsident Georg Flödl: „Die Ungleichheiten im Wohnrecht werden durch diese Entscheidung einzementiert und versteinert. Der großen Nachfrage am Markt kann nur durch mehr Angebot, nicht durch Festhalten an unausgewogenen Mietzinsbeschränkungen begegnet werden“.
Auch Jörg Ulreich, Bauträgersprecher der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien, kritisiert das Urteil. „Die Klage ist eine von vielen Maßnahmen der Branche um die Missstände im Bereich der Privatvermietung und Privatsanierungen in Wien zu bekämpfen. Die VfGH-Entscheidung schützt auf diese Weise nicht Mieterrechte, sondern verlängert Ungerechtigkeiten.“ Die öffentliche Hand baue viel zu wenig leistbaren Wohnraum und würde “Einkommensschwächere und Zuzügler von sozialem Wohnraum ausschließen." Gleichzeitig würden Privatvermieter genötigt zum “Gemeindebautarif, sprich Richtwertmietzins, zu vermieten". Damit würden dringend nötige Investitionen verhindert werden.
In die gleiche Kerbe schlägt Michael Pisecky, Obmann des Fachverbandes der Immobilientreuhänder der WKW: “Mietwohnungen werden weiter nicht auf den Markt gebracht und Sanierungen bleiben auf der Strecke." Mietwohnungen würden als Eigentum verkauft werden und verschwinden somit vom Markt. Das knappe Angebot würde die Mieten weiter ansteigen lassen, so Pisecky.
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