Entwarnung an der Zinsenfront
Keine Trendwende der EZB absehbar:
von Gerhard Rodler
Ein wesentlicher Treibstoff der aktuellen Immobilienrallye in Europa sind jedenfalls die niedrigen Zinsen. Sie machen Investments in Immobilien selbst bei deutlich unter drei Prozent Anfangsrendite weiterhin hoch attraktiv und verbilligen das Development neuer Immobilienprojekte. Die jüngsten Äußerungen Mario Draghis, des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, über sich verbesserende Aussichten lösten an den weltweiten Immobilienmärkten Verunsicherung aus. Denn Draghis Aussagen wurden vielfach als Einleitung zu einer stufenweisen Anhebung des aktuellen Zinsniveaus verstanden. Und das wiederum hatte die immobilienkonjunktur relativ rasch zumindest spürbar eingebremsen können.
Aber: Matthias Hoppe, Senior Vice President und Portfolio Manager, Franklin Templeton Multi-Asset Solutions, entwarnt. Steigende Zinsen, so sein Schluss, seien auch unter den aktuellen Bedingungen nicht abzusehen.
Auch wenn die EZB das Volumen ihrer Anleihenkäufe bei der Überprüfung dieser Maßnahmen Ende 2017 verringern könnte, rechnet er auch dann noch länger nicht mit einer bevorstehenden Änderung der Zinssätze.
Während die Deflationsgefahr zurückgegangen sein dürfte, hätten sich laut Draghi die Öl- und Rohstoffpreise noch nicht vollständig vom Einbruch in den Jahren 2014 und 2015 erholt und wirkten sich nach wie vor negativ auf die Inflation aus. Weiterhin fehle ein deutlicher Aufwärtstrend bei den Preisen.
Umkehrschluss für die Immobilienbranche: Der aus Deutschland voraussichtlich auch nach Österreich überschwappende weitere Verfall der Renditen um bis zu einem Prozentpunkte (mit Renditen für erstklassige Büroprojekte um 3,4 statt 4,4 Prozent beispielssweise binnen weniger Monate) dürfte noch lange nicht gestoppt sein.
2,5 Milliarden Euro Investmentvolumen:
Österreich ist Top-Liga
von Charles Steiner
Österreich wird für Investoren mehr und mehr zur Top-Destination. Die Mega-Transaktionen im ersten Halbjahr, darunter der ORBI Tower, das Icon Vienna und der DC Tower haben für das erste Halbjahr ein Rekordvolumen von etwa 2,5 Milliarden Euro eingebracht, wie CBRE am Mittwochvormittag berichtet. Bis zum Jahresende sollte sich ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro einstellen - eine Annäherung an den Rekordwert von 2015 mit 3,75 Milliarden Euro.
Besonders deutsche Investoren haben Österreich für sich entdeckt. 56 Prozent kamen aus Deutschland, 29 Prozent der Volumina wurden von einheimischen Investoren abgewickelt. Der Rest ist von internationalen Investorengruppen - vornehmlich aus Frankreich und Luxemburg - bewältigt worden. Wenig verwunderlich - und bei den Großdeals der vergangenen Wochen auch eindeutig ablesbar - waren Büroimmobilien die begehrtesten Assetklassen. 61 Prozent der Investitionsvolumina ist in diese geflossen, die Renditen geraten weiterhin unter Druck. Waren im Segment Office im ersten Halbjahr 2016 noch 4,1 Prozent bei den Spitzenrenditen möglich, sind es heuer nur mehr 3,95 Prozent. Mittlerweile ist auch das Thema Wohnen bei Investoren stärker präsent und hat sogar andere Segmente wie Hotel und Retail überholt. 12 Prozent der Investoren legten in Wohnimmobilien an, auf Retail- und Hotelimmobilien entfielen jeweils neun Prozent. Bei den Renditen haben Fachmarktzentren die Nase vorn, die 5,65 Prozent erreichen. Aber, so Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE: "Es gibt Interesse an Investitionen in Einkaufs- und Fachmarktzentren, allerdings sind nur wenige am Markt, wodurch das Volumen in dieser Assetklasse relativ gering war im ersten Halbjahr 2017."
Bewegung gibt es auch im CEE-Markt, wie Andreas Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich und Chairman CEE ausführt. 7,93 Milliarden Euro wurde in den CEE-Markt investiert, 5,91 Milliarden Euro (+ 54 Prozent) in den Core-CEE-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei und Rumänien investiert. Dort sind besonders die Märkte Tschechien und Polen präsent, die ähnliche Volumina wie Österreich - 2,08 Milliarden und 2,16 Milliarden - aufweisen. Andere Märkte würden stagnieren.